Wie ist die H-MIM entstanden?

Am Anfang stand das große Interesse der deutschstämmigen, 1933 aus politischen Gründen in die USA emigrierten Philologin und Psychologin Marianne Marschak (1901-1993) an einer deutschen sozialpädagogischen Initiative, der Wandervogelbewegung. Ein wesentlicher Fokus dieser Bewegung lag auf der Eltern-Kind-Beziehung und speziell die offenbar fehlende Identifikation der Kinder mit ihren Eltern.

Schon während ihres Psychologiestudiums bearbeitete Marianne Marschak das Thema kreativ und in experimentellen Studien. Dazu suchte sie sich beispielsweise emigrierte polnische Vater-Sohn-Paare, gab ihnen bestimmte Aufgaben und beobachtete sie bei deren Ausführung. Auch erfand sie damals schon eine Aufgabe, die später durch die Bindungsstudien von Mary Ainsworth (1971) zum Trennungs- und Wiedervereinigungsverhalten von Kleinkindern mit deren Müttern bekannt geworden ist, die „Fremde-Situation“ (strange situation). Dabei verlässt die Bezugsperson, deren Kind bis dahin vertrauensvoll in ihrer Nähe gespielt hat, den Raum, lässt entweder das Kind allein oder – noch stressvoller – im Beisein einer ihm fremden Erwachsenen im Raum und kehrt nach wenigen Minuten zurück.

Marianne Marschaks Tochter, Ann M. Jernberg PhD, (1928-1993) (die Entwicklerin von Theraplay) übernahm das Prinzip der Marschak’schen Interaktions-Methode (MIM) als Interaktionsdiagnostik vor therapeutischen Interventionen und passte sie verschiedenen Altersklassen an.

Anfang der 1980er Jahre lernte Ulrike Franke am Theraplay Institute in Chicago diese Methode durch Ann Jernberg kennen. Aufgrund ihrer damaligen Tätigkeit als Logopädin in einer Phoniatisch-Pädaudiologischen Ambulanz befasste sie sich zunächst mit einer Version für Vorschulkinder.

Dabei wurde klar, es war eine Modifikation des ursprünglichen Verfahrens für unseren Kulturkreis nötig. Zusammen mit der Psychologin Ute Ritterfeld wurden die zu beobachtenden Bereiche und die vorgegebenen Spielaufgaben überarbeitet und systematisiert. Zugleich wurde der Name des Verfahrens in „Heidelberger Marschak Interaktions-Methode“ (H-MIM) erweitert.

1994 veröffentlichten Ulrike Franke und Ute Ritterfeld das Buch beim G. Fischer Verlag.

Nachdem dieses Buch 2017 vergriffen war, erschien 2019 von Ulrike Franke und Markus Schulte-Hötzel eine komplett überarbeitete und ergänzte Neuauflage. Sie enthält nun erstmalig Aufgabenkarten für alle Altersstufen, also für Kleinkinder, Kindergartenkinder, Schulkinder und Erwachsene. Aufgrund der guten Resonanz war bereits 2022 eine 3. Auflage erforderlich.